Gestaltung Naturwissenschaft

Ein Versuch der erfolgreichen Zusammenarbeit

Gestaltung ist in den Naturwissenschaften beinah nicht präsent. Zwar redet man von „Design“ wenn ein Forschungsprojekt geplant wird, es also der Theorie und Geldgebern anpasst, doch kaum ein Wissenschaftler wird dabei einen Gedanken an Kommunikationsdesign verlieren. Die einzige bestehende Berührung der beiden Disziplinen findet ganz am Ende eines Forschungsprojekts statt. Sollen die Ergebnisse für Außenstehende kommuniziert oder das Projekt für Sponsoren präsentiert werden fällt das in das Aufgabengebiet von Gestaltern.

Die Ausbildung und das Selbstverständnis von Gestaltern geht aber über das reine Bewerben von fremden Inhalten hinaus. Die Gestaltung hat, wie kaum eine andere Disziplin, die Fähigkeiten sich Inhalten anzunehmen, sie global zu verknüpfen und zu transformieren. Das führt zu dem Punkt an dem nicht nur die Form gestaltet wird, sondern auch der Inhalt. Gestaltung ist dann kein ästhetisches Handwerk mehr, sondern beinhaltet auch intellektuelles Denken – immer im Kontext von Mensch und Gesellschaft. Das qualifiziert den Gestalter, als eigenständiger Denker und Problemlöser, mit eigenen Methoden und Werkzeugen, zum aktiven Mitgestalter unserer Gegenwart und Zukunft.

Mein Diplom hatte das Ziel eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit naturwissenschaftlichen Disziplinen herzustellen. Ich wollte herausfinden inwiefern die Gestaltung im Prozess der Forschung stattfinden kann und was sie voneinander lernen können. Neben Gesprächen mit Physikern, Biologen, Philosophen und Hirnforschern hinterfragte ich die Tätigkeit und Aufgabe unseres Berufs und versuchte herauszufinden was ihn besonders macht. Am Ende stand eine Methode, die sich aus Erkenntnissen der Wissenschaft, sowie der Gestaltung bedient und aufzeigt wie Gestalter und Naturwissenschaftler gemeinsam Probleme lösen können. Sie zeigt und nutzt das was Gestaltern am einfachsten fällt und sie von anderen Disziplinen unterscheidet: sich Inhalte, aus einem ungewöhnlichen Kontext heraus, aneignen, diese übersetzen und transferieren, daraus Neues und Innovatives schaffen und damit letztendlich Antworten oder Anstöße geben zu können, die es vorher nicht gab.

Eine Maßnahme für die erste Kontaktaufnahme mit Naturwissenschaftlern. A5-Flyer und Website (gn.selftitled.de).

Collatz Experimente

Der Frage nachgehend wie eine Zusammenarbeit aussehen könnte und was die Rolle des Gestalters darin sein könnte suchte ich mir ein Beispielproblem aus der Naturwissenschaft. In diesem Experiment versuchte ich die Frage zu beantworten inwiefern ein Gestalter eine Bereicherung für die Arbeit des Wissenschaftlers sein kann und inwiefern der Gestalter dabei von der Wissenschaft lernen kann.

Das Collatz-Problem, auch als (3n+1)-Vermutung bezeichnet, ist ein ungelöstes mathematisches Problem, das 1937 von Lothar Collatz aufgestellt wurde. Beim Collatz-Problem entstehen Zahlenfolgen die nach einfachen Gesetzen gebildet werden. Diese Zahlenfolgen waren die Basis für Ideen und Umsetzungen einiger Experimente.

Metafor

Die Collatz-Experimente zeigten gestalterische Fähigkeiten auf, die naturwissenschaftliche Arbeit ergänzen und bereichern können. Um diese Fähigkeiten mit wissenschaftlicher Arbeit zu verknüpfen und eine Kommunikation zwischen den Disziplinen herzustellen suchte ich nach einem visuellen Tool. Mit Einflüssen von Richard Feynman, Edward de Bono und Bret Victor entwickelte ich schließlich Metafor. Metafor ist eine Methode, die laterales Denken (de Bono) fördert und anhand von Metaphern und Alltagsgegenständen als Tools eine interdisziplinäre Kommunikation ermöglicht. Eine detaillierte Beschreibung gibt es als PDF.

Faltplakate zu Metafor.

Workshop

Um Metafor in der Praxis zu testen trat ich erneut an verschiedene Wissenschaftler heran. Mit dem Anliegen eines mehrtägigen Workshops nahm ich Kontakt mit dem Neuroscience Center der Goethe Universität Frankfurt auf. Ich wurde an ein kleines Team von Neurowissenschaftlern weitergeleitet, die sich bereit erklärten einen 2-tägigen Workshop zu machen. Zentrales Thema und Problematik des Workshops war das Predictive Coding – eine Theorie über die Funktionalität des Gehirn, die davon ausgeht dass das Gehirn anhand von sensorischen Informationen ständig Vorhersagen trifft.

Einführung in den Workshop

Präsentation zur Thematik.

Präzisierung des Problems.

Finale Frage

Sammeln von Metaphern.

Favorisierte Metapher und Tool

Erstes Experiment: Mit einem der drei Stifte mussten die Punkte mit Linien verbunden werden.

Experimten mit Sand: Der Sand wurde als formbares Material, das Formen und Abdrücke annehmen, also Informationen speichern, kann verwendet.

Master-Slave-Spiel: Zwei Teams spielen gegeneinander und müssen einerseits Muster erraten und andererseits erraten was das andere Team raten wird.

Ausstellung

Für die Ausstellung der Diplome am Fachbereich Gestaltung entschied ich mich Metafor auf die Beziehung von Gestalter und Besucher anzuwenden. Eine Sammlung von Alltagsgegenständen repräsentierten die Methode und ihre Kernpunkte. Die Besucher waren eingeladen mit den Gegenständen zu interagieren und so das Wesen des Projekts kennenzulernen.

Dokumentation

Eine Publikation hält den Verlauf meines Semesters fest und lag in der Ausstellung bei. Sie beinhaltet Prozesse und Zwischenergebnisse, sowie Berichte aller Gespräche mit Wissenschaftlern und Beteiligten.